Fachinformationen zum Rührreibschweißen

Fachinformationen zum Rührreibschweißen 

Das Rührreibschweißen, bei dem vielfach auch vom Reibrührschweißen gesprochen wird, heißt auf englisch Friction Stir Welding oder kurz FSW. Das Schweißverfahren wurde von Wayne Thomas im Jahre 1991 erfunden und im Folgejahr durch das britische TWI, The Welding Institute, patentrechtlich geschützt.

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Anders als bei anderen Reibschweißverfahren, bei denen die Reibenergie durch die Bewegung der beiden Fügepartner entsteht, erzeugt beim Reibrührschweißen ein rotierendes, verschließfreies Werkzeug die Reibenergie.

Dieses Werkzeug setzt sich aus einem Pin und einer senkrecht dazu angeordneten Schulter zusammen.

Die Schulter hat einen größeren Durchmesser als der Pin und ist mit einer Halbschale vergleichbar, durch die die Schweißnaht vor der Umgebungsluft geschützt wird. Der Pin hingegen verwirbelt die Werkstoffe. Das Werkzeug wird stechend mit einer Neigung zwischen zwei und drei Grad zur Oberfläche des Werkstücks angeordnet.

Der Verschleiß am Werkzeug selbst fällt nur sehr gering aus. Damit die Qualität aufrechterhalten bleibt, wird es nach rund drei Kilometern Schweißnaht ersetzt.

Hier nun alle wesentlichen Fachinformationen zum Rührreibschweißen in der Übersicht:

Wie funktioniert das Rührreibschweißen?

Der Schweißprozess beim Rührreibschweißen setzt sich
im Wesentlichen aus sechs Schritten zusammen:

1.
Das rotierende Werkzeug wird unter Krafteinwirkung in den Fügespalt gedrückt. Dabei taucht das Werkzeug so tief ein, dass die Schulter des Werkzeugs auf der Oberfläche des Bauteils anliegt.

2.
Nun verweilt das rotierende Werkzeug einige Sekunden lang an der Eintauchstelle. Dadurch wird Wärme generiert, denn die Reibung zwischen der Werkzeugschulter und den Fügepartnern bewirkt, dass sich der Werkstoff unterhalb der Schulter bis kurz vor den Schmelzpunkt erwärmt. Durch den Temperaturanstieg verliert der Werkstoff seine Festigkeit und die Fügezone kann sich verbinden.

3.
In einer Vorschubbewegung bewegt sich das rotierende Werkzeug jetzt mit hoher Anpresskraft an der Fügelinie entlang. Durch die Vorschubbewegung entsteht ein Druckgradient zwischen der Vorder- und der Rückseite des Werkzeugs und im Zusammenspiel mit der Drehbewegung wird teilplastischer Werkstoff um das Werkzeug herum transportiert. Dieser Werkstoff vermischt sich und bildet die Schweißnaht. 

4.
Ist das Ende der Naht erreicht, stoppt die Verfahrbewegung.

5.
Das rotierende Werkzeug wird jetzt wieder aus der Fügezone herausgezogen.

6.
Zum Schluss wird die fertige Schweißnaht überprüft.

Verfahrenstechnisch steht das Rührreibschweißen in Verbindung mit dem Schmieden und dem Extrudieren. Zum einen staucht eine Kraft, die senkrecht auf die Oberfläche des Werkstücks gerichtet ist, den Werkstoff unter Einbringung von Wärme.

Zum anderen drückt das rotierende Werkzeug den teilplastischen Werkstoff nach unten, indem es ihn verwirbelt. Dadurch entsteht ein Extrusionkanal, der bis an die Wurzel der Naht reicht. In diesem Zusammenhang wird auch von einem sogenannten Schweißnugget gesprochen. Die Werkstücke, die gefügt werden sollen, bewegen sich während des Schweißvorgangs nicht.  

Was sind die Vor- und die Nachteile des Rührreibschweißens?

Die wesentlichen Vorteile des Rührreibschweißens bestehen darin, dass weder Zusatzwerkstoffe noch Schutzgase erforderlich sind, gleichzeitig aber Schweißnähte mit hohen Festigkeiten entstehen. Hinzu kommt, dass der Prozessablauf verhältnismäßig einfach ist und ein breites Spektrum an Mischverbindungen ermöglicht.

Durch die recht niedrigen Temperaturen ergibt sich außerdem kaum Verzug. Nachteilig sind die relativ hohen Prozesskräfte und die eingeschränkte 3D-Fähigkeit, die daraus resultiert, dass es einen Kontakt zwischen der Werkzeugschulter und dem Bauteil geben muss.

Hinzu kommt, dass am Ende der Schweißnaht ein Krater zurückbleibt, wenn das Werkzeug wieder herausgezogen wird. Durch einen Pin, der automatisch zurückgezogen werden kann, wurde hierfür aber eine Lösung gefunden. Dieser Pin heißt auf englisch Retractable Pin Tool und in diesem Zusammenhang wird von der RPT-Technologie gesprochen. 

In welchen Bereichen kommt das Rührreibschweißen zur Anwendung?

Das Rührreibschweißen ist vor allem für Aluminiumlegierungen geeignet. Werden Aluminiumlegierungen durch Schmelzschweißverfahren verbunden, verursacht der Phasenübergang häufig Problematiken wie Heißrisse oder eine Porenbildung. Beim Rührreibschweißen treten diese Problematiken nicht auf, weil der Werkstoff zu keiner Zeit eine flüssige oder dampfförmige Phase erreicht.

Grundsätzlich können mittels Rührreibschweißen Bleche aus verschiedenen Materialien und mit einer Tiefe von über 30mm gefügt werden. Die Einschweißtiefen und die Schweißgeschwindigkeiten, die erreicht werden können, hängen dabei jeweils von dem verwendeten Material ab. Als Grundregel gilt, dass die Einschweißtiefen und die Schweißgeschwindigkeiten umso geringer sind, je fester und härter das Material ist, wobei die Prozesskräfte gleichzeitig ansteigen.

Neben Blechen können auch Metallschäume per Rührreibschweißen gefügt werden.  Angewandt wird das Rührreibschweißen in erster Linie bei großflächigen Bauteilen, beispielsweise in der Flugzeugindustrie, in der Raumfahrt, im Schiffsbau, beim Bau von Schienenfahrzeugen oder im Automobilbau. Mittlerweile findet das Rührreibschweißen aber auch im Behälterbau und in der Medizintechnik Verwendung.

Außerdem wird das Rührreibschweißen angewandt, um in Gussgefügen die Eigenschaften lokal zu verbessern und die Poren zu schließen. In diesem Fall wird dann häufig vom FSP, dem Friction Stir Processing, gesprochen.  Eine Variante des Rührreibschweißens ist das sogenannte LAFSW-Schweißen. Hierbei kommt ein Laserstrahl zum Einsatz, der sich unmittelbar vor dem rotierenden Werkzeug befindet und zusätzliche Wärmeenergie einbringt.

Dadurch soll sich die vertikale Kraft, die beim Eintauchen des Werkzeugs in das Werkstück erforderlich ist, verringern und gleichzeitig die Schweißgeschwindigkeit erhöhen. Durch den Laser verursacht das LAFSW-Schweißen jedoch höhere Kosten.

Weiterführende Schweißtechniken und Anleitungen zum Schweißen:

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