Ausführlicher Ratgeber zum Schweißen im Werkzeugbau, Teil V

Ausführlicher Ratgeber zum Schweißen im Werkzeugbau, Teil V

Im Werkzeugbau sind Schweißarbeiten an der Tagesordnung. Ein Grund hierfür ist, dass es vor allem bei Spezial-Werkzeugen oft deutlich wirtschaftlicher ist, Reparaturen, Instandsetzungen oder Umbauten per Schweißen durchzuführen, als die Werkzeuge neu anzuschaffen. Neben den geringeren Kosten ist die Zeitersparnis ein weiterer Grund. Immerhin kann es dauern, bis ein neues Werkzeug geliefert und so eingerichtet ist, dass es in Betrieb genommen werden kann.

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Ausführlicher Ratgeber zum Schweißen im Werkzeugbau, Teil V

Allerdings ist das Schweißen im Werkzeugbau anspruchsvoll. Denn die Stähle, die dabei verwendet werden, haben oft einen hohen Kohlenstoffanteil. Veränderte Spannungen im Gefüge und Risse in der Schweißzone sind deshalb Folgen, die bei falschen Temperaturen drohen.

In einem ausführlichen Ratgeber vermitteln wir Fachinfos rund ums Schweißen im Werkzeugbau. In diesem letzten Teil der Beitragsreihe kümmern wir uns um die Wärmebehandlung nach dem Schweißvorgang.

Um bestimmte Eigenschaften zu erzielen oder zu beeinflussen, werden Stähle für Werkzeuge und Kunststoffformen nach dem Schweißen oft wärmebehandelt. Besonders bei umfangreicheren Arbeiten wie zum Beispiel Änderungen der Formen ist das der Fall.

Je nach Ausgangszustand des Werkzeugs stehen für die thermische Nachbehandlung verschiedene Verfahren zur Auswahl. Im Wesentlichen sind das das Weichglühen, das Anlassen und das Spannungsarmglühen.

 

Das Weichglühen

Zum Zerspanen und Kaltumformen erfüllt der weichgeglühte Zustand den Zweck in den meisten Fällen am besten. Für das Härten bietet das Weichglühgefüge die günstigsten Bedingungen. Außerdem ist ein Weichglühen vor der Härtung ein großer Pluspunkt, wenn ein vorvergüteter Stahl durch die Wärmebehandlung eine höhere Festigkeit bekommen soll.

Bei weichgeglühten Werkzeugen, die geschweißt werden müssen, um das Design zu verändern oder Bearbeitungsfehler zu beheben, ist es notwendig, nach dem Schweißvorgang eine Wärmebehandlung durchzuführen. Allerdings wird das Schweißgut im Zuge des Abkühlens gehärtet.

Aus diesem Grund sollte das Werkzeug weichgeglüht werden, bevor das Härten und Anlassen erfolgt. Das Weichglühen wird genauso durchgeführt wie beim Grundwerkstoff. Anschließend kann der Schweißer die Fügestelle wie gewohnt bearbeiten und wärmebehandeln.

Ratsam ist ein Weichglühen außerdem auch, wenn ein Schleifvorgang ausreicht, um das Werkzeug fertig zu stellen. In diesem Fall senkt das Weichglühen nämlich das Risiko, dass sich im Zuge der Wärmebehandlung Risse bilden.

 

Das Anlassen

Das Anlassen zielt in erster Linie darauf ab, die Zähigkeit von gehärteten Bauteilen zu erhöhen. Nach einer Reparaturschweißung sollten durchgehärtete Werkzeuge deshalb möglichst angelassen werden, damit das Schweißgut zäher wird. Wurden mittels Schweißen nur sehr kleine Reparaturen durchgeführt, kann auf das Anlassen im Normalfall aber verzichtet werden.

Damit das Schweißgut und der Grundwerkstoff eine möglichst ähnliche Härte aufweisen, ist wichtig, dass der Schweißer die Anlasstemperatur sorgsam auswählt.

Ist die Anlassbeständigkeit des Schweißguts wesentlich besser als die des Grundwerkstoffs, sollte der Schweißer die Schweißstelle mit der Temperatur anlassen, die maximal möglich ist. Meist liegt die typische Anlasstemperatur dann in einem Bereich von ungefähr 20 Grad Celsius unter der Temperatur, mit der der Schweißer den Grundwerkstoff zuletzt angelassen hat.

Das Erwärmen auf die Anlasstemperatur sollte langsam passieren. Als Faustregel gilt, dass das Bauteil pro 20 Millimeter Wanddicke eine Stunde im Anlassofen verbleiben sollte. Unabhängig von der Wandstärke sollte sich das Anlassen aber über mindestens zwei Stunden erstrecken. Nach dem Aufenthalt im Anlassofen sollte das Bauteil an der Luft abkühlen.

Sinnvoll ist außerdem, mindestens zwei Anlassvorgänge durchzuführen. Auf diese Weise wird der Martensit, der sich aus Restaustenit nach dem ersten Abkühlen von der Temperatur beim Anlassen gebildet hat, ebenfalls angelassen.

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Das Spannungsarmglühen

Um die Eigenspannungen nach dem Schweißen zu reduzieren, wird manchmal das Spannungsarmglühen angewendet.

Dass Schweißspannungen entstehen, kann drei Ursachen haben:

  1. Das flüssige Schweißgut schrumpft, während es erstarrt.
  2. In der Schweißnaht, der Wärmeeinflusszone und dem Grundwerkstoff treten unterschiedliche Temperaturen auf.
  3. Härten das Schweißgut und die Wärmeeinflusszone durch Abkühlen, kommt es zu Umwandlungsspannungen.

Im Bereich der Schweißnaht haben die Spannungen prinzipiell das gleiche Ausmaß wie die Streckgrenze des Grundwerkstoffs. Im Zusammenspiel können die ganzen Spannungen aber größere und unregelmäßige Änderungen der Form zur Folge haben.

Vermeiden lassen sich solche hohen Spannungen zwar nicht. Allerdings ist es möglich, die Spannungsverhältnisse zumindest etwas zu reduzieren. Dazu ist es notwendig, dass der Schweißer die Schweißnaht richtig formt, mit minimaler Streckenenergie arbeitet und die Technik der Strichraupe konsequent anwendet.

Außerdem sollte er überhöhte Schweißnähte vermeiden und auf die korrekte Reihenfolge beim Anlegen der Schweißnaht achten.

Bei umfangreichen Schweißarbeiten und bei stark eingeengten Schweißungen wird das Spannungsarmglühen zur entscheidenden Vorsichtsmaßnahme. Denn bei vorvergüteten Werkzeugstählen findet nach dem Schweißen im Normalfall keine weitere Wärmebehandlung mehr statt.

Aus diesem Grund ist es ratsam, eine bis zwei Stunden bei 550 bis 650 Grad Celsius zu glühen, bevor das Bauteil zum letzten Mal mechanisch bearbeitet wird. Durch das Glühen werden die Spannungen abgebaut. So lassen sich teure Nacharbeiten am fertigen Werkzeug verringern.

Beim Spannungsarmglühen ist es notwendig, dass die Bauteile langsam und gleichmäßig auf die vorgeschriebenen Temperaturen erwärmt werden. Ist ein Temperaturbereich erreicht, sollten die Bauteile pro Millimeter Wanddicke zwei Minuten lang, insgesamt aber mindestens eine halbe Stunde lang auf dieser Temperatur gehalten werden.

Danach sollten die Bauteile erst im Ofen oder in der Glühvorrichtung langsam auf 400 Grad Celsius abkühlen und schließend an der Luft vollständig auskühlen. Für Bauteile mit dicken Wandstärken gilt, dass die Haltezeit nicht länger andauern sollte als zweieinhalb Stunden.

Wird die Schweißstelle später noch weichgeglüht oder angelassen, kann der Schweißer auf das Spannungsarmglühen in aller Regel verzichten. Gleiches gilt, wenn es sich bei den Schweißarbeiten nur um sehr kleine Reparaturen oder Korrekturen gehandelt hat.

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Rudolf Bozart, - Schweißfachingenieur, Gerd Meinken - Schweißwerkmeister, Thorsten Kamps, Schweißer, Coautor und Buchautor und Christian Gülcan Unternehmer und Betreiber der Webseite, 2 Jahre Vertrieb von Dienstleistungen in Mechanik- und Mettallbearbeitung, schreiben hier alles Wissenswerte zu Schweißtechniken und Schweißverfahren, geben Tipps und Anleitungen zu Berufen, Schweißgeräten, Materialkunde und Weiterbildung.

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