Fachinfos zum Stichwort „Schweißeignung“

Fachinfos zum Stichwort „Schweißeignung“

Ob die Schweißbarkeit bei einem Bauteil gegeben ist, also ob die notwendige Qualität erreicht werden kann, wenn das Bauteil durch Schweißen gefertigt wird, hängt von drei grundlegenden Faktoren ab.

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Der erste Faktor ist die sogenannte Schweißmöglichkeit. Sie gibt Auskunft darüber, welche Fertigungsverfahren beim jeweiligen Werkstoff Anwendung finden können. Der zweite Faktor ist die Schweißsicherheit, die sich auf die Konstruktion des Bauteils und die konstruktionsbedingte Funktionssicherheit bezieht. Der dritte Faktor ist die Schweißeignung.

 

Einleitende Fachinfos zum Stichwort „Schweißeignung“

Die Schweißeignung bestimmt maßgeblich darüber, ob ein Bauteil schweißbar ist. Ausgehend von den Werkstoffeigenschaften, gibt die Schweißeignung Auskunft darüber, ob ein Werkstoff mit demselben oder einem anderen Werkstoff durch Schweißen unzertrennbar verbunden werden kann.

Je nach Werkstoff und Schweißverfahren kann die Schweißeignung dabei sehr unterschiedlich ausfallen.

So kann ein Werkstoff für beispielsweise Schmelzschweißverfahren ungeeignet sein, dafür aber eine sehr gute Widerstandsschweißeignung aufweisen.

Gemäß EN ISO 18278-1 ist bei einem metallischen Werkstoff dann eine Schweißeignung gegeben, wenn

  • der Werkstoff durch Schweißen gefügt werden kann,
  • die Schweißverbindungen fortlaufend gefertigt werden können und
  • die Schweißverbindung den auftretenden und einwirkenden Belastungen standhält.

 

Die Schweißeignung bei Schmelzschweißverfahren

Bei den Schmelzschweißverfahren entsteht die Schweißverbindung unter thermischen Einflüssen. Dabei ergeben sich verschiedene Zonen und in diesen Zonen verändert der Werkstoff seine physikalischen Eigenschaften.

Im Hinblick auf die verschiedenen Zonen wird im Wesentlichen zwischen dem Grundwerkstoff, der Wärmeeinflusszone und dem Schweißgut unterschieden. Der Grundwerkstoff bleibt außen vor, seine Materialeigenschaften verändern sich nicht. In der Wärmeeinflusszone kommt es zu veränderten Materialeigenschaften, die die Folge von Kornwachstum, Phasenübergängen, Aufhärtungen oder Ausscheidungen an den Korngrenzen sein können.

Auch im Schweißgut verändern sich die physikalischen und mechanischen Eigenschaften des Materials, beispielsweise durch Kristallisation, Seigerung, Schrumpfung oder auftretende Spannungen. Bei einem Werkstoff liegt dann eine Eignung für das jeweilige Schmelzschweißverfahren vor, wenn eine dauerhafte, stabile und belastbare Schweißverbindung hergestellt werden kann, obwohl sich die Materialeigenschaften verändert haben.

Bei Stählen bestimmt sich die Schmelzweißeignung vor allem durch den Kohlenstoffgehalt und die Geschwindigkeit beim Abkühlen nach dem Schweißvorgang. Diese beiden Faktoren beeinflussen nämlich die Härte und die Spannungen in der Wärmeeinflusszone und der Schweißnaht maßgeblich. Stähle, bei denen der Kohlenstoffgehalt über 0,22 Prozent beträgt, eignen sich nur bedingt für Schmelzschweißverfahren, denn sie neigen dazu, Härtespitzen und Risse zu bilden.

Zudem begünstigt der enthaltene Kohlenstoff das Auftreten von Spannungen innerhalb der Schweißverbindung. Bei umwandlungsfreien Werkstoffen wie Aluminium, Nickel oder Kupfer sind die Schweißparameter dafür verantwortlich, wie breit die Wärmeeinflusszone wird. Im Grenzbereich des Schmelzguts entwickelt sich ein ausgeprägtes Kornwachstum, das in Richtung Grundwerkstoff zunehmend weniger wird.

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Kommt es zu einer Gasaufnahme, können sich Poren oder eine Versprödung bilden. Die ausgeprägte Wärmeleitfähigkeit und die Neigung zur Ausdehnung wiederum können erhebliche Spannungen und einen deutlichen Verzug zur Folge haben. Bei Legierungen aus Aluminium und Magnesium, mikrolegierten Stählen und anderen Werkstoffen, bei denen die Festigkeit durch eine Ausscheidungshärtung erhöht wurde, lösen sich in der Wärmeeinflusszone die Ausscheidungen zunächst auf und werden anschließend erneut ausgeschieden.

Dies führt dazu, dass sich die Festigkeit und die Zähigkeit verringern. Zudem können sich Risse bilden und die Korrosionsbeständigkeit kann deutlich abnehmen. Hochreaktive Werkstoffe wie Tantal, Zirkon oder Titan reagieren stark mit der Atmosphäre. Schon bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen kommt es zu einer Aufnahme von atmosphärischen Gasen, die daraufhin verspröden. Deshalb ist bei hochreaktiven Werkstoffen die Schweißeignung nur in einer gasgeschützten Umgebung oder im Teilvakuum gegeben.

 

Die Schweißeignung bei Widerstandsschweißverfahren

Ob ein Werkstoff für Widerstandsschweißverfahren geeignet ist, hängt im Wesentlichen von seinen physikalischen Materialeigenschaften ab.

Ideale Bedingungen liegen vor, wenn

  • die Schmelztemperaturen gleich sind oder nur wenig auseinander liegen,
  • die elektrische und die thermische Leitfähigkeit gering sind und
  • die Verformbarkeit im Bereich der Schweißtemperatur stark ausgeprägt ist.

Je hoher die elektrische und thermische Leitfähigkeit sind, desto schwerer lässt sich ein Werkstoff schweißen. Dies liegt daran, dass die Schweißwärme entsprechend schnell abgeleitet und die notwendige Schweißtemperatur deshalb nicht erreicht wird. Harte und spröde Werkstoffe wiederum weisen nur in einem kleinen Temperaturfenster plastische Eigenschaften auf und neigen deshalb zu Brüchen, wenn sie geschweißt werden oder nach dem Schweißvorgang abkühlen.

Neben den physikalischen Materialeigenschaften sind die chemische Zusammensetzung, die Oberflächenbeschaffenheit und die metallurgischen Eigenschaften entscheidende Faktoren dafür, ob und in welchem Umfang ein Werkstoff für Widerstandsschweißverfahren geeignet ist.

Dabei lässt sich die Schweißeignung durch den sogenannten Schweißfaktor S wiedergeben. Er berücksichtigt die elektrische Leitfähigkeit λ, die thermische Leitfähigkeit χ und die Schmelztemperatur Ts.

Liegt der Schweißfaktor S unter 0,3, weißt der Werkstoff keine oder eine nur schlechte Schweißeignung auf. Ein Werkstoff mit einem Schweißfaktor S zwischen 0,3 und 0,8 ist bedingt schweißgeeignet. Ein Werkstoff, bei dem der Schweißfaktor S über 0,8 liegt, eignet sich gut zum Schweißen. Unlegierter Stahl hat beispielsweise einen Schweißfaktor S von 9,05, bei Aluminium beträgt der Schweißfaktor S 0,84 und bei Kupfer liegt der Schweißfaktor S bei 0,186.

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Rudolf Bozart, - Schweißfachingenieur, Gerd Meinken - Schweißwerkmeister, Thorsten Kamps, Schweißer, Coautor und Buchautor und Christian Gülcan Unternehmer und Betreiber der Webseite, 2 Jahre Vertrieb von Dienstleistungen in Mechanik- und Mettallbearbeitung, schreiben hier alles Wissenswerte zu Schweißtechniken und Schweißverfahren, geben Tipps und Anleitungen zu Berufen, Schweißgeräten, Materialkunde und Weiterbildung.

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