Fachinfos zum Schweißen von warmfesten Stählen, Teil 2
Stähle zählen zu den wichtigsten Werkstoffen beim Schweißen. Doch Stahl ist nicht gleich Stahl. Vielmehr gibt es eine ganze Palette an unterschiedlichen Stählen, die auf die Anforderungen in den verschiedenen Einsatzbereichen abgestimmt sind. Eine besondere Gruppe dabei sind die warmfesten Stähle.
Sie finden bei Bauteilen Anwendung, die dauerhaft hohen Temperaturen und starken Belastungen ausgesetzt sind. Der Kraftwerksbau ist ein Beispiel für einen typischen Einsatzbereich dieser Stähle.
Wir kümmern uns in einer mehrteiligen Beitragsreihe um Fachinfos zum Schweißen von warmfesten Stählen. Dabei ging es in Teil 1 um den Werkstoff als solches.
Hier ist Teil 2:
Inhalt
Die Verarbeitung von warmfesten Stählen aus schweißtechnischer Sicht
Die modernen warm- und hochwarmfesten Stähle werden mit Blick auf die Legierungen immer komplexer. Das hat zur Folge, dass auch die Verarbeitung zunehmend sorgfältig erfolgen muss, um den Ansprüchen an die Qualität der Grund- und Zusatzwerkstoffe und an die schweißtechnische Ausführung gerecht zu werden.
Der Schweißer muss die Schweißparameter, die Wärmeführung und den Aufbau der einzelnen Lagen an die jeweiligen Werkstoffe anpassen.
In Abhängigkeit von der Mikrostruktur und der Legierung muss er dabei vor allem im Blick haben, ob und in welchem Umfang der Werkstoff zur Aufhärtung in der wärmebeeinflussten Zone und zu wasserstoffbedingten Rissen neigt, für eine Spannungsrisskorrosion anfällig ist und empfindlich gegenüber Heißrissen ist.
Die Wärmeführung
Ein entscheidender Faktor für eine sichere und technisch einwandfreie Verarbeitung von warmfesten Stählen ist die Wärmeführung vor, während und nach dem Schweißvorgang. Sie muss immer auf die Grundwerkstoffe und die Zusatzwerkstoffe abgestimmt werden.
Die Größen, auf die es dabei im Wesentlichen ankommt, sind folgende:
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Die Martensit-Start-Temperatur Ms legt die Vorwärm- und Zwischenlagentemperatur fest, die maximal zulässig ist.
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Die Martensit-Finisch-Temperatur Mf definiert die notwendige Temperatur am Ende der Abkühlphase.
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Die Ferrit- und Austenit-Umwandlungstemperatur Ac1 beziffert die Höchsttemperatur bei der Wärmenachbehandlung.
Für die verschiedenen Grundwerkstoffe gibt es Zeit-Temperatur-Umwandlungs-Schaubilder, kurz ZTU-Schaubilder. Sie kann der Schweißer nutzen, um die geeignete Wärmeführung zu bestimmen.
Das Vorwärmen
Das Vorwärmen übernimmt zwei Aufgaben. So wird dadurch zum einen die Restfeuchte von der Oberfläche des Werkstoffs entfernt. Zum anderen verringert es die Geschwindigkeit, mit der der Werkstoff nach dem Schweißen abkühlt.
Letzteres trägt dazu bei, dass empfindliche Mikrostrukturen im Bereich der Wärmeeinflusszone weniger zu einer übermäßigen Aufhärtung neigen. Dadurch sinkt die Gefahr von wasserstoffbedingten Rissen.
Ein anderer Punkt ist die Diffusionsfähigkeit von Wasserstoff im Schweißgut. Wasserstoff braucht eine Temperatur von mindestens 150 °C, damit es aus dem Grundwerkstoff diffundieren kann. Dabei muss die Vorwärmtemperatur im Bereich der Schweißnaht vorhanden sein, bevor der Schweißvorgang beginnt. Gemessen wird dafür zu beiden Seiten jeweils 7,5 cm ab der Mitte der Schweißnaht.
Bei ferritisch-martensitischen Stählen muss das Vorwärmen auf 150 bis 200 °C auf jeden Fall erfolgen, um Härterissen und wasserstoffbedingten Rissen vorzubeugen. Im Unterschied dazu ist die Vorwärmung bei einigen ferritisch-perlitischen und ferritisch-bainitischen Stählen nicht zwingend erforderlich.
Bei hochwarmfesten austenitischen Stählen und Nickellegierungen wiederum dient das Vorwärmen nur dem Entfernen von Restfeuchtigkeit auf der Oberfläche.
Die Zwischenlagentemperatur
Die Temperatur, die bei einer Mehrlagenschweißung im Bereich der Oberfläche der Schweißnaht vorhanden ist, ist die sogenannte Zwischenlagentemperatur. Bei der Schweißnahtoberfläche handelt es sich um die Raupe, die vorliegt, bevor der Schweißer damit beginnt, die nächste Lage zu schweißen.
Um die Zwischenlagentemperatur zu ermitteln, sollten Messinstrumente wie zum Beispiel Pyrometer verwendet werden, die Temperaturmessungen unmittelbar auf der Schweißnaht ermöglichen.
Bei ferritischen Werkstoffen setzt die Martensit-Start-Temperatur die Grenze für die maximale Zwischenlagentemperatur. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass es im Schweißgut und in der Wärmeeinflusszone zu einer martensitischen Umwandlung kommt.
Außerdem bewirkt der Wärmeeintrag durch die folgende Schweißraupe eine anteilige Anlassung. Beides verbessert die Zähigkeit von Schweißgut und Wärmeeinflusszone.
Bei hochwarmfesten austenitischen Stählen und Nickellegierungen ist das Risiko von wasserstoffbedingten Rissen eher gering. Allerdings neigen sie zu Heißrissen. Aus diesem Grund sollten hier die Vorwärm- und die Zwischenlagentemperatur 150 °C nicht übersteigen.
Das Abkühlen nach dem Schweißvorgang
Ist der Schweißvorgang abgeschlossen, müssen ferritisch-martensitische Stähle auf eine Temperatur unterhalb der Martensit-Finisch-Temperatur gebracht werden. Das Ziel ist nämlich, eine Mikrostruktur zu erzielen, die aus einem ferritischen Subkorngefüge mit Karbid- oder Nitridausscheidungen an den Grenzflächen besteht.
Doch das ist nur möglich, wenn der Werkstoff entsprechend abgekühlt wird. Das Abkühlen bewirkt, dass das Schweißgut und die Wärmeeinflusszone komplett matensitisch umwandeln. Die anschließende Wärmenachbehandlung lässt dann die gewünschte Mikrostruktur entstehen.
Ohne die entsprechende Abkühlung würde verbliebener Restaustenit während der Wärmenachbehandlung in weichen Ferrit umwandeln. Die Folge wäre ein kritisches Mischgefüge aus angelassenem Martensit und ausscheidungsfreiem Ferrit.
Ferritisch-martensitische Stähle sind generell sehr anfällig für wasserstoffbedingte Risse. Deshalb sollten Bauteile, die dicke Wände haben oder komplex aufgebaut sind und dadurch zu hohen Schweißeigenspannungen neigen, direkt aus der Schweißhitze heraus mindestens drei Stunden lang einem Wasserstoffarmglühen bei 300 bis 350 °C ausgesetzt werden.
Bei ferritisch-perlitischen und ferritisch-bainitischen Stählen kann es direkt nach dem Schweißen mit der Wärmenachbehandlung weitergehen. Denn weil sie schon eine ferritisch-perlitische bzw. -bainitische Mikrostruktur haben, ist es nicht notwendig, sie auf einen Wert unterhalb der Martensit-Finisch-Temperatur abzukühlen.
Die Wärmenachbehandlung
Die Wärmenachbehandlung baut Schweißeigenspannungen und Aufhärtungen ab. Dadurch sinkt die Anfälligkeit für wasserstoffbedingte Risse und Spannungsrisskorrosion.
Außerdem löst bei ferritisch-martensitischen und ferritisch-bainitischen Stählen erst die Wärmenachbehandlung die Reaktionen aus, die notwendig sind, um durch die Karbid- und Nitritbildung die angestrebten Zeitstandeigenschaften zu erreichen.
Hinzu kommt, dass die Wärmenachbehandlung die Zähigkeit des Schweißguts und der Wärmeeinflusszone erhöht. Je länger die Wärmebehandlung andauert und je höher die Temperatur dabei ist, desto mehr steigt die Zähigkeit an und die Festigkeit nimmt ab.
Deshalb kann es notwendig werden, die Haltedauer bei Glühtemperatur zu verlängern, damit eine bestimmte Mindestkerbschlagzähigkeit erzielt wird.
Dass die Festigkeit abnimmt, muss der Schweißer vor allem bei mehrfachen Wärmebehandlungen im Zuge von Fertigungsprozessen oder Reparaturen im Blick haben. Denn wenn die Glühzeiten zu lang oder die Glühtemperaturen zu hoch sind, kann es passieren, dass die Schweißnaht den mechanischen Anforderungen nicht mehr gerecht wird.
Bei austenitischen Schweißverbindungen kann in aller Regel auf eine Wärmenachbehandlung verzichtet werden. Allerdings kann sie sinnvoll sein, um Nebennahtrissen bei Bauteilen, die sehr hohen Temperaturen ausgesetzt sind, vorzubeugen.
Einige Nickellegierungen wiederum brauchen eine Wärmenachbehandlung über drei Stunden bei 800 °C, um die notwendigen Zeitstandeigenschaften zu erreichen.
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