Was ist das Kohlenstoffäquivalent?

Was ist das Kohlenstoffäquivalent?

Das Kohlenstoffäquivalent ist ein Maß, das herangezogen wird, um die Schweißeignung von niedrig- und unlegierten Stählen zu beurteilen.

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Beim Schweißen von Stahl gehören Kalt- und Härterisse zu den größten Problemen. Grundsätzlich ist die Rissneigung bei Stahl zwar nicht sehr stark ausgeprägt. Allerdings beeinflussen der Kohlenstoffgehalt und diverse andere Legierungselemente im Stahl sein Verhalten.

Um die Schweißeignung und die Rissempfindlichkeit einschätzen zu können, werden deshalb oft die sogenannten Kohlenstoffäquivalente herangezogen. Dabei gibt es verschiedene Formeln, die das Kohlenstoffäquivalent beschreiben und in diesem Zuge auch die verschiedenen Legierungselemente unterschiedlich gewichten.

 

Was ist das Kohlenstoffäquivalent genau?

Das Kohlenstoffäquivalent ist ein Wert, der dabei hilft, die Schweißeignung und die Neigung zur Rissbildung bei einem Stahlwerkstoff zu beurteilen. Allerdings gibt es viele Faktoren, die die Schweißeignung beeinflussen. Hierzu gehören unter anderem

  • die chemische Zusammensetzung,
  • die Dicke der Werkstücks im Bereich der Schweißnaht,
  • der Wasserstoffgehalt des Schweißguts,
  • die Wärmeeinbringung beim Schweißen,
  • die Eigenspannung der Schweißkonstruktion und
  • die Vorwärm- und Zwischenlagentemperatur.

Deshalb stellt das Kohlenstoffäquivalent keinen allgemeingültigen Wert dar. Stattdessen ist das Kohlenstoffäquivalent letztlich nur eine Hilfsgröße und beim Schweißen müssen der Werkstoff, das Schweißverfahren und die geplante Verwendung des Bauteils aufeinander abgestimmt sein. Gleichwohl lassen sich anhand des Kohlestoffäquivalents die Vorwärmtemperatur und die Abkühlzeit berechnen, die notwendig sind, damit die Schweißnaht beim und nach dem Abkühlen nicht reißt.

 

Wie wird das Kohlenstoffäquivalent berechnet?

Generell drückt das Kohlenstoffäquivalent den Kohlenstoffgehalt und den Anteil der Legierungselemente, die sich auf die Schweißeignung und die Rissneigung ähnlich auswirken wie der Kohlenstoffgehalt, in einem Zahlenwert aus. Je nach Zweck werden aber unterschiedliche Verfahren verwendet, um das Kohlenstoffäquivalent zu berechnen.

Die gängigsten Verfahren dabei sind folgende:

CET

Das Kohlenstoffäquivalent CET soll wasserstoffunterstützte Risse vermeiden. Dazu konzentriert es sich auf die Vorwärmtemperatur Tp (oder auf die Zwischenlagentemperatur Ti). Im Wesentlichen geht es darum, dass eine höhere Anfangstemperatur dazu beitragen soll, dass die Abkühlphase lang genug dauert und sich so ausreichend Wasserstoff aus dem Schweißgut lösen kann.

Die Formel für das Kohlenstoffäquivalent CET lautet:

CET = C + (Mn + Mo)/10 + (Cr + Cu)/20 + Ni/40

Durch das Kohlenstoffäquivalent CET kann der Einfluss der chemischen Zusammensetzung auf die Schweißeignung und das Kaltrissverhalten von Stahl recht zuverlässig beschreiben werden. So lassen sich Grenzwerte für die Dicke von Stahlblechen ableiten, die unter üblichen Schweißbedingungen ohne ein vorhergehendes Aufwärmen verschweißt werden können:

 

Kohlenstoffäquivalent CET maximale Blechstärke ohne Vorwärmen
0,18 % 60 mm
0,22 % 50 mm
0,26 % 40 mm
0,31 % 30 mm
0,34 % 20 mm
0,38 % 12 mm
0,40 % 8 mm

 

Die maximal zulässige Stärke des Blechs richtet sich aber nur dann nach dem Kohlenstoffäquivalent des Grundwerkstoffs, wenn das Kohlenstoffäquivalent des Grundwerkstoffs um mindestens 0,03 % höher ist als das Kohlenstoffäquivalent des Schweißguts. Andernfalls wird zum Kohlenstoffäquivalent des Schweißguts ein Sicherheitszuschlag von 0,03 % addiert und auf dieser Grundlage die zulässige Blechstärke bestimmt.

CEV

Das Kohlenstoffäquivalent CEV kann ab einem Kohlenstoffgehalt von 0,18 % angewendet werden. Es wird herangezogen, um abzuschätzen, ob ein Vorwärmen zur Vermeidung von Aufhärtungsrissen notwendig ist.

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Die Formel für das Kohlenstoffäquivalent CEV lautet:

CEV = C + Mn/6 + (Cu + Ni)/15 + (Cr + Mo + V)/5

 

PCM

Das Kohlenstoffäquivalent PCM kommt bei kurzen Abkühlzeiten und bei Wurzelschweißungen zur Anwendung. Zudem wird es häufig empfohlen, wenn der Kohlenstoffgehalt im Stahl weniger als 0,18 % beträgt.

Die Formel lautet:

PCM = C + Si/30 + (Mn + Cu + Cr)/20 + Mo/15 + Ni/60 + V/10 + 5B

 

CE

Das Kohlenstoffäquivalent CE basiert hauptsächlich auf Härtemessungen. Es beruht auf der Annahme, dass Legierungselemente, die ein Aufhärten begünstigen, genauso auch die Neigung zur Rissbildung begünstigen.

Im Vergleich zu jüngeren Kohlenstoffäquivalenten spielt der Einfluss des Kohlenstoffs beim Kohlenstoffäquivalent CE aber nur eine vergleichsweise kleine Rolle. Zur Vermeidung von Kaltrissen ist dieses Kohlenstoffäquivalent deshalb nur bedingt geeignet. Zudem kann es bei kurzen Abkühlzeiten nicht eingesetzt werden.

Die Formel für das Kohlenstoffäquivalent CE lautet:

CE = C + Mn/6 + (Cr + Mo + V)/5 + (Cu + Ni)/15

 

CEN

Das Kohlenstoffäquivalent CEN kombiniert die beiden Kohlenstoffäquivalente CE und PCM auf rein mathematischer Ebene miteinander. Um die Schweißeignung und das Rissverhalten zu beschreiben, hat es aber keine größere Aussagekraft als die beiden zugrundeliegenden Kohlenstoffäquivalente für sich alleine genommen.

Berechnet wird das Kohlenstoffäquivalent CEN mit folgender Formel:

CEN = C + (0,75 + 0,25 tanh (20 x (C – 0,12))) x (Si/24 + Mn/6 + Cu/15 + Ni/20 + (Cr + Mo + V + Nb)/5 + 5B)

In die Formeln müssen die jeweiligen Legierungselemente als Prozentwert eingesetzt werden. Im Werkstoffzeugnis ist das Kohlenstoffäquivalent aber im Normalfall ausgewiesen. Der Schweißer muss diesen Wert deshalb üblicherweise nicht selbst ausrechnen. Lediglich beim Kohlenstoffäquivalent CEV sollte der Schweißer überprüfen, ob er den angegeben Wert für sein Schweißvorhaben nutzen kann.

 

Welche Auswirkungen hat ein hohes Kohlenstoffäquivalent?

Je höher das Kohlenstoffäquivalent ist, desto größer sind die Schwierigkeiten, mit denen der Schweißer beim Schweißen des entsprechenden Werkstücks rechnen muss. Dabei besteht vor allem die Gefahr, dass das Werkstück in der Wärmeeinflusszone aufhärtet oder versprödet.

Die Folge hiervon können verschiedene Arten von Rissen im Gefüge sein. Durch ein Vorwärmen des Werkstücks, die Auswahl einer geeigneten Nahtgeometrie und den Einsatz von entsprechenden Elektroden kann der Schweißer die Schweißeignung des Werkstoffs positiv beeinflussen.

Ansonsten gilt als Faustregel:

Kohlenstoffäquivalent CE bis 0,45 % gute Schweißeignung; ein Vorwärmen ist erst ab 3 mm Blechdicke notwendig
Kohlenstoffäquivalent CE zwischen 0,45 und 0,6 % bedingte Schweißeignung; ein Vorwärmen auf 100 bis 200 Grad Celsius ist notwendig
Kohlenstoffäquivalent CE ab 0,6 % stark eingeschränkte Schweißeignung; ein Vorwärmen auf 200 bis 350 Grad Celsius ist erforderlich

Bei großen Blechdicken müssen die Vorwärmtemperaturen entsprechend erhöht werden.

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Rudolf Bozart, - Schweißfachingenieur, Gerd Meinken - Schweißwerkmeister, Thorsten Kamps, Schweißer, Coautor und Buchautor und Christian Gülcan Unternehmer und Betreiber der Webseite, 2 Jahre Vertrieb von Dienstleistungen in Mechanik- und Mettallbearbeitung, schreiben hier alles Wissenswerte zu Schweißtechniken und Schweißverfahren, geben Tipps und Anleitungen zu Berufen, Schweißgeräten, Materialkunde und Weiterbildung.

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